Klaus
Es ist immer einer, ein Einzelner, der etwas unbedingt will und es dann auch macht. Der herausragende Bühnenbildner Klaus Gasperi wollte und macht nun seit 25 Jahren das Stadttheater Bruneck (vormals Theater im Pub). Mit stiller Leidenschaft, mit ebensolcher Begeisterung, mit gewaltigen Zornesausbrüchen manchmal, wenn der Kultur, dem Theater, seinem Theater, zu wenig Beachtung geschenkt wird, oder wenn man gar versuchte, es „abzudrehen“. Wie ja die sehr erfolgreiche Theaterschule tatsächlich abgedreht wurde.
So viele Stücke von mir, ich kann sie gar nicht alle nennen. 1994 gleich „Munde“, dann „Krach im Hause Gott“, dann „Die Piefke Saga“, dann unvergessen „Mein Ungeheuer“, die legendäre Telfer Produktion mit Julia Gschnitzer und Peter Mitterrutzner, von Sohn Jan auf unzähligen Tourneeauf- tritten begleitet und betreut. Nicht zu vergessen mein Erstlingsstück „Kein Platz für Idioten“, von Mitterrutzner schon bald nach der Uraufführung (1977) gespielt, nun auch im Stadttheater Bruneck, natürlich erneut mit dem großen Peter als fürsorglichem „Dati“, und mit dem hochbegabten Lucas Zolgar als ausgestoßenem Buben; Inszenierung Klaus Rohrmoser, inzwischen ein feinfühliger (und manchmal rettender) Mitterer-Regisseur. Und natürlich „Sibirien“, von Peter Mitterrutzner oft und oft gespielt, auch in Bruneck. Claus Tröger darf nicht vergessen sein, der u.a. hervorragend das Mozart-Stück „Die Weberischen“ bei Klaus Gasperi inszenierte. Und Kafkas Affen durfte ich dort selber spielen, „Ein Bericht für eine Akadamie“, musikalisch begleitet von Siggi und Juliana Haider.
Wer kann ohne das „Stadttheater Bruneck“ auskommen? Keiner. Nicht die Brunecker, nicht die Südtiroler, nicht die Nordtiroler, überhaupt weithin die Österreicher nicht. Ich auch nicht…
Felix Mitterer, 2019
Elmar Außerer
der Klaus
Theatermacher und Mensch
Für mich als Bozner war die Fahrt ins Stadttheater nach Bruneck eine halbe Weltreise. Zum Glück nahm mich meistens jemand im Auto mit, denn als notorischer Sonntagsfahrer, der abends grundsätzlich nicht gerne allein auf den Straßen unterwegs ist, war ich um jede Begleitung froh. Vor allem in den Anfangszeiten (als das Stadttheater noch Theater im Pub hieß) habe ich mir als Rezensent der Tiroler Tageszeitung (Redaktion Bozen) die Aufführungen von Klaus immer wieder angesehen. Bereut habe ich die lange Fahrt nach Bruneck nie, weil mir stets Qualitätstheater geboten wurde. Die Bozner Redaktion des Innsbrucker Tagblattes hat schon seit über einem Jahrzehnt ihre Pforten endgültig geschlossen, weshalb ich theatermäßig - ich muss es gestehen in den vergangenen Jahren nur mehr äußerst selten in Bruneck war. Der Klaus hat mich als Theatermacher und Mensch stets beeindruckt. Vor allem das Kämpferische gefällt mir an ihm, die wadelbeißerischen Neigungen, die er wahrscheinlich seiner Biographie schuldet. Als »alter« Achtundsechziger, er ist Jahrgang 1950, hat er gelernt, für seine Üzeugungen einzustehen und sie trotz Gegenwind - auch umzusetzen. Sein »Lei net lugg lossn«, eine in unserem Land nicht mehr häufige Haltung, die von seinen Kritikern oft auch als Starrsinn ausgelegt wird, hat ihm bei Freund, aber auch bei Feind Respekt eingebracht. Das Stadttheater Bruneck wird untrennbar mit dem Klaus assoziert und umgekehrt. Persönlich fällt mir eine andere Kämpfernatur aus Bruneck ein, die heute weit über Südtirol hinaus Anerkennung gefunden hat: Norbert Conrad Kaser. Gasperi war in seinen Jugendjahren einer der engsten Bezugspersonen für den 1978 frühzeitig verstorbenen Schriftsteller, mit dem er u. a. in der Kommunistischen Partei Italiens aktiv gewesen war. Durch die Sammlung von Texten und Korrespondenz Kasers trug Gasperi wesentlich zur postumen Veröffentlichung von dessen Werken bei, die zu Lebzeiten des Autors zum Großteil unpubliziert geblieben waren.
Eines meiner ersten Interviews, das ich für die Südtiroler Theaterzeitung geführt habe, war jenes mit dem Klaus Anfang der 1990er- Jahre. Ich kann mich noch erinnern, wie aufgeregt ich war, als ich ihn im hinteren Raum der sTv-Geschäftsstelle zu einem Gespräch geladen hatte. Das Gespräch dreht sich damals vor allem um das Amateur- und Profitheater in Südtirol. Inzwischen hat sein Brunecker Stadttheater 25 Jahre auf dem Buckel und leistet einen wertvollen Beitrag zum Kulturgeschehen der Rienzstadt. Auch wenn sich der Klaus in erster Linie als »Theaterproduzent« versteht, würde eine bloße Reduktion darauf dem vielfältigen Tätigkeitsprogramm des Brunecker Stadttheaters nicht gerecht werden. Mit Jazzkonzerten, Kabarettabenden, Filmvorführungen, Lesungen und Talkshows bedient das professionell geführte Theater nämlich die unterschiedlichsten kulturellen Genres. Jetzt tritt der Klaus, wohl auch ein wenig aus gesundheitlichen Gründen, ab und wird das Theater in die Hände seines Sohnes Jan und Christine Lasta legen.
Dem Stadttheater Bruneck und dir persönlich, lieber Klaus, alles Gute!
Klaus Gasperi
Klaus ist ein Haudegen. Einer, der weiss, wie sich Dinge entwickeln. Einer, der weiss wie sich Dinge verkomplizieren. Er ist ein Genie und ein Talent zugleich, das heisst, er war immer schon da und wird immer bleiben in seinem Theater. Das erste zweifelhafte Treffen, es war nicht das erste insgesamt: In einem Aufzug im Hotel Havanna libre. Wir starrten uns an und wir sprachen kein Wort miteinander, obwohl wir schon miteinander gesprochen haben. Wir haben gemeinsame Freunde und Freundinnen.
Klaus ist ein Provokateur und zugleich einer, der glättet. In seiner Stadt Bruneck ist schon mein Großvater aufgewachsen. Aus Bruneck kommen Baumi, N.C. Kaser und Ivo Micheli. Klaus kennt alle, ich kannte nur Baumi und Kaser habe ich einmal getroffen. Ein sonderbarer Ort. In der Mitte die Blitzburg. Zoderer wohnt nun auch da. Klaus ist einer, dem traut man alles zu und er erfüllt auch diese Vermutung.
Du sitzt mit ihm friedlich zusammen und er macht diesen Augenblick zu einem besonderen, er dreht deine Erwartung um mit einer kleinen Anekdote, mit einem geheimnisvollen Wunsch.
Klaus ist einer der sich einfach gibt und trotz alledem kompliziert ist. Aber er regelt alles sehr unkompliziert. Wir sind uns sehr ähnlich und das gibt Stärke. Er ist ein Kapitän und navigiert in den Unwellen der Kultur wie ein Pirat und alle wollen mit diesem Piraten eins sein auch die Autoritäten, weil sie Piraten brauchen, nur ein Pirat zu werden ist nicht einfach.
Klaus kann’s. Er hat’s.
Geschrieben unter dem Einfluss des Films The Sting mit Robert Redford und für mich ist Klaus ein Robert Redford mit all seinen Ideen von Schulen, Kooperationen und anderen Gemeinheiten der Branche gegenüber.
Helmut Groschup
Innsbruck, 22.7.20
(gm) Wenn Klaus Gasperi, Leiter des Brunecker Stadttheaters, einen Zorn hat, lässt er die Öffentlichkeit daran teilhaben. Auch diesmal. In einem offenen Brief teilt er mit, dass wegen ausste- hender Gelder vom Europäischen Sozialfonds (ESF) die Theaterschule in Bruneck und die Spielzeit des Stadttheaters nicht wie vorgesehen starten können. Gasperi, 64, musste die erste Premiere der Spielzeit 2014/2015 verschieben.
Die „,Geierwalli" war als Koproduktion mit der Theaterschule geplant, doch wegen der unsicheren Lage der Schule stehen im Moment weder Theater- schüler/-innen noch Theater- lehrer/-innen zur Verfügung. Worum geht es? Die Verwalter des ESF in Bozen haben nach einer Abmahnung durch die Europäische Union die Auszahlung der Gelder für das vergangene Jahr gestoppt, es war auch nicht möglich, einen Projektantrag für das laufende Jahr zu stellen. Also wartet auch Gasperi auf das Geld für die Theaterschule, die vom ESF mit 200.000 Euro pro Jahr finanziert wird. Ausgelegt ist die Theaterschule auf eine Laufzeit von drei Jahren. 100.000 Euro hat sich Gasperi derweil bei der Bank geborgt. Er haftet persönlich dafür - so wie er auch für jeden Kredit, den er für das Theater braucht, mit seinem Eigentum geradesteht. Die Rückzahlung der Darlehen für die Theaterschule wäre in diesen Tagen fällig gewesen. Gasperi konnte nicht zahlen, also hat er bis auf Wei- teres keinen Kredit mehr bei der Bank. „Die Lage ist extrem angespannt", sagt er. Das Land hat versprochen, derweil für die ausstehenden Beiträge aufzukommen - aber wann?
Auch der Beitrag vom Land für das Stadttheater (250.000 Euro, dazu kommen 50.000 von der Gemeinde - das entspricht der Jahresmiete für das Theater) ist in diesem Jahr sehr spät ausbezahlt worden. Die Kulturträger leihen sich das Geld der- weil bei einer Bank und zahlen dafür ordentlich Zin- sen. In den letzten drei Jahren sind die öffentlichen Beiträge für das Stadttheater SO wie die meisten Kultureinrichtungen um gut 15 Prozent gekürzt worden.
„So", sagt Klaus Gasperi. „kann es nicht weitergehen“.